Dieser Frage gehen wir mit unserem Förderprojekt Sustainability4All auf den Grund, denn Unterstützungsprogramme wie Wettbewerbe und Akzeleratoren-Programme eignen sich großartig für eine frühzeitige Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren bei Startups. In einer gemeinsamen Analyse mit dem Borderstep Institut wurden über 200 Gründungswettbewerbe und Akzeleratoren in Deutschland analysiert und nach ihrer Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bewertet.

Bei der Bewertung wurde zwischen den drei Stufen “voll erkennbar”, “teilweise erkennbar” und “nicht erkennbar” differenziert. Die Einstufung “Voll erkennbar” wurde nur dann vergeben, wenn Wettbewerbe oder Akzeleratoren explizit Kriterien der Nachhaltigkeit – etwa angelehnt an die Nachhaltigkeitsziele der UN (SDG) – berücksichtigt haben. Der Begriff “Nachhaltigkeit” wurde bei der Analyse in der jeweiligen ökologischen-, ökonomischen- und sozialen Dimension verstanden. Die drei Wettbewerbe “Green Challenge” der Postcode Lotterien, der „Gründerpreis Hessen“ und der KFW Award wurden zudem näher durch qualitative Interviews beleuchtet.  

Nachhaltigkeit in Gründungswettbewerben


Nachhaltigkeit in Gründungswettbewerben und Akzeleratoren 
 

Nachhaltigkeit legt den Grundstein für ein zukunftsfähiges Unternehmen – und dennoch berücksichtigen Wettbewerbe und Akzeleratoren das Thema Nachhaltigkeit zum größten Teil noch nicht (siehe Abb.1). Aus der Analyse ist klar zu erkennen, dass Akzeleratoren und vor allem bundesweite Gründungswettbewerbe einen weitaus stärkeren Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit legen (23%), als es bei regionalen Initiativen der Fall ist (9%). Bei regionalen Programmen spielt vor allem die Einschätzung des Geschäftsmodells, insbesondere dessen Wachstumspotenzial, eine große Rolle.

Wirft man einen genaueren Blick auf die insgesamt 21 Gründungswettbewerbe und Akzeleratoren, die sich explizit der Bewertung “voll erkennbar” zuordnen lassen, fällt Eines besonders auf: Bei 13 von 21 handelt es sich um themenorientierte Initiativen, wie beispielsweise den “Green Alley Award”, der gezielt junge Unternehmen aus dem Bereich der Kreislaufwirtschaft anspricht. Dies verdeutlicht sich auch darin, dass der Begriff Nachhaltigkeit oftmals stellvertretend als Synonym für die ökologische Nachhaltigkeit genutzt wird und Nachhaltigkeitskriterien nach wie vor recht heterogen gehandhabt werden. Soziale und ökonomische Nachhaltigkeitskriterien werden zwar auch berücksichtigt, jedoch überwiegt der Fokus auf die ökologische Nachhaltigkeit deutlich.

Wie wird Nachhaltigkeit bewertet?

Auch wenn vereinzelt bspw. SDGs als Bewertungsvorlage herangezogen werden, lassen sich bei nur wenigen Gründungswettbewerben ein klares “Scoring System” oder andere quantitativ nachhaltige Bewertungsvorlagen erkennen. Die Bewertung erfolgt aus einer Mischung von qualitativer und quantitativer Analyse und folgt nur selten einem einheitlichen Schema.

Der Grund hierfür, so die Ansprechpartner*innen, die zum Thema interviewed wurden, sei vor allem die Individualität und das frühe Stadium von Startups, die an solchen Programmen teilnehmen: Von früher Ideenphase bis hin zu Seed-Phase ist alles dabei. Das erschwere eine einheitliche quantitative Bewertung, zumal das Definieren und Tracken von nachhaltigen KPIs bei ersten Geschäftsmodellen oder frühen MVPs oftmals nur schwer möglich sei. Vielmehr zähle das Gesamtbild, also die Kombination aus großer Vision, gutem Willen, leistungsstarkem Team, erstem “proof of concept” sowie die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells.

Nachhaltigkeitsbewertung am Beispiel der “Postcode Lotteries Green Challenge” 

Ein nachhaltiges Gesamtbild, das sich aus allen Dimensionen der Nachhaltigkeit zusammensetzt, ist auch für die Green Challenge der Postcode Lotterien besonders wichtig. Zusätzlich sollte unbedingt der positive “impact”, den die Startups auf Menschen und Umwelt haben, klar erkennbar sein. In welcher Branche ein nachhaltiger Beitrag generiert wird, spielt dabei erstmal keine Rolle. Eine ausschließlich nachhaltige Ausrichtung reicht allerdings auch nicht, denn es sollte ebenfalls ein profitables Geschäftsmodell sein. Die Unternehmen sollten klar herausstellen, welche Nachhaltigkeitsproblematik sie mit ihrem Produkt oder Dienstleistung angehen und wie ihr Lösungsansatz aussieht. Dazu zählt auch ein guter USP, ein starker “product-market fit” und stimmige “Financials”, so Liza Fiedler, Specialist Communications bei der Deutschen Postcode Lotterie. Wenn es für ein nachhaltiges Produkt keine Nachfrage gibt, wird es auch schwierig einen hohen Impact zu erzielen, so die Auffassung der Organisator*innen der Green Challenge.

Die Bewertung ist weitgehend qualitativ und es sollte keinen Grund zur Sorge geben, wenn einzelne Punkte noch nicht zu 100 Prozent geklärt sind, da das Preisgeld den Unternehmen ebenfalls helfen kann und soll, die Idee auf den Markt zu bringen, erklärt Liza Fiedler. Wer es unter die Top 5 Auswahl des internationalen Wettbewerbs schafft, auf den warten mindestens 100.000 Euro Preisgeld sowie ein sechsmonatiges Expert*innen-Coaching. Der erste Platz erhält weiterhin 500.000 und der zweite Platz 200.000 Euro. Selbstverständlich müssen hier keine Anteile abgegeben werden – das Preisgeld ist nur eine Finanzspritze für eine nachhaltigere Welt.  

KFW Award: Wo geht es hin?

Viele Gründungswettbewerbe und Akzeleratoren befinden sich im Wandel und geben an, zunehmend stärker auf Nachhaltigkeit zu achten. Dieser Wandel komme aber nicht zwangsläufig nur von der großen Aufmerksamkeit um das Thema Nachhaltigkeit, sondern rühre vielmehr daher, dass sich Gründungswettbewerbe und Akzeleratoren generell immer schon gesellschaftsrelevanten Themen gestellt und diese gefördert haben, so die KFW. Der seit 1998 existierende KFW Award gibt an, dass Nachhaltigkeit durchaus ein Kriterium sei, auf welches vertieft eingegangen wird, jedoch nicht hauptentscheidend sei. Einen gesunden Gleichklang aus Kreativität, Geschäftsidee und Innovationsgrad zu finden, sei auch hier der Weg zum Erfolg. Die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit spiele bei dem Bewertungsvorgang des KFW Awards eine ebenso große Rolle wie die ökologische Nachhaltigkeit und könne niemals isoliert betrachtet werden. Beim KfW Award erwartet das Gewinner-Startup ein Preisgeld von bis zu 35.000 €. 

Fazit

So unterschiedlich die nachhaltigen Schwerpunkte und die Bewertungsmethoden der einzelnen Gründungswettbewerbe und Akzeleratoren auch gewählt sind, eines ist klar: Nachhaltigkeit spielt bereits jetzt und zunehmend eine immer zentralere Rolle bei der Bewertung von Startups. Ob themenspezifisch wie bei dem „Green Alley Award“, mit dem Fokus auf einen nachhaltigen Impact wie bei der „Green Challenge“ oder ganzheitlich betrachtet wie bei dem „KFW Award“ – bei den befragten Gründungswettbewerben besteht Einigkeit darüber, dass man sich dieser gesellschaftlichen Herausforderung stellen muss.  Genauso besteht Einigkeit darin, dass Nachhaltigkeit nicht isoliert betrachtet werden kann. Um als junges Unternehmen Impact zu erzielen, muss auch die Nachfrage und Wirtschaftlichkeit eines Produktes gegeben sein. Auch Gründungswettbewerbe, bei denen Nachhaltigkeit als Kriterium “voll erkennbar” ist, geben an, ebenso sehr auf den “product market fit” und die Konkurrenzfähigkeit eines Startups zu achten. Gründer*innen, die das Thema Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsmodelle integriert und mit ihren Produkten und Leistungen einen Impact erzielen möchten, sollten dabei nicht den USP und die Marktchancen ihres Unternehmens außer Acht lassen, um bei den vielfältigen Gründungswettbewerben in Deutschland eine Chance auf den Sieg zu haben

Über Sustainability4All

Mit dem Projekt Sustainability4All möchte der Startup-Verband zusammen mit seinen Partnern Borderstep Institut und Universität Oldenburg eine frühzeitige und dauerhafte Einbindung von Nachhaltigkeitsaspekten in neu gegründete, innovative Unternehmen anregen und durch praxisnahe Lösungsansätze ermöglichen. Wer sich weiter über das Thema Nachhaltigkeit informieren möchte, kann sich hier zum Beispiel das Playbook für nachhaltige Startups von TechFounders herunterladen. Wenn du keine Bewerbung für Gründungswettbewerbe mit Nachhaltigkeitsfokus mehr verpassen willst, kannst du zusätzlich unseren Green Startups Newsletter abonnieren. Hier informieren wir dich monatlich über die wichtigsten Ereignisse und Gelegenheiten im deutschen Impact Startup-Ökosystem.

INSIDE ist das Magazin des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. (Startup-Verband). Der Startup-Verband ist Repräsentant und Stimme der Startups in Deutschland und engagiert sich für gründerfreundliche Rahmenbedingungen. Im Dialog mit Entscheidungsträgern in der Politik erarbeitet er Vorschläge, die eine Kultur der Selbstständigkeit fördern und die Hürden für Unternehmensgründungen senken. Der Startup-Verband wirbt für innovatives Unternehmertum und trägt die Startup-Mentalität in die Gesellschaft. Als Netzwerk verbindet er Gründer, Startups und deren Freunde miteinander. Wenn du an einer Mitgliedschaft im Startup-Verband interessiert bist, erfährst du hier etwas über die Vorteile einer Mitgliedschaft und kannst hier die Mitgliedschaft beantragen.