Jungen Unternehmen, gerade im IT-Bereich, gelingt es häufig, für bestimmte Projekte auch eine öffentliche Förderung zu erhalten. Fördermittel gibt es in verschiedenen Formen auf Bundes- oder Landesebene, meist als Zuschuss teilweise auch als vergünstigtes Darlehen. Manchmal helfen auch hierauf besonders spezialisierte Agenturen das passende Programm ausfindig zu machen und geben nützliche Tipps, wie die Beantragung erfolgen kann. Insofern ist die Freude dann groß, wenn der positive Förderbescheid über einen fünf- oder sechsstelligen Zuschuss eingeht, der in den Folgejahren vom Zuwendungsgeber ausgezahlt wird. Ein Teil der zukünftigen Projekt- und Overheadkosten ist damit schon abgesichert und man kann sich auf andere Themen konzentrieren. Insofern fällt es meist auch leichter, der so wunderbar unterstützenden Agentur ihre Erfolgsprovision zu bezahlen, denn ohne deren Hilfe und teilweise kreative Ideen hätte man ja vermutlich überhaupt nichts bekommen.

Zuschuss mit Geld-zurück-Garantie?

Noch größer ist dann jedoch die Überraschung, wenn einige Jahre später – das geförderte Projekt steht kurz vor dem Abschluss – wieder ein Schreiben vom Zuwendungsgeber eintrudelt. Dieses Mal jedoch nicht mit der frohen Botschaft unverhoffter Geldmittel, sondern mit vielen kritischen Fragen. Man soll angehört werden. Von beabsichtigter Rücknahme und Rückzahlung ist die Rede. Ob die letzte noch ausstehenden Förderrate ausgezahlt wird, ist plötzlich mit einem großen Fragezeichen versehen. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Man sucht meist zwischen Tür und Angel nach Rechtsrat, versucht noch zu erklären, dass man doch bei der Antragstellung alles richtig und nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt hat und trotzdem kommt kurz darauf der Rücknahmebescheid. Die Förderung ist futsch. Die Rückzahlungsfristen laufen und damit auch die Zinsuhr. Blöd nur, wenn das Geld natürlich schon ausgegeben ist, denn die Projektkosten mussten ja schon vor Monaten, wenn nicht sogar Jahren bezahlt werden.

Homeoffice versus Dauerarbeitsplatz

Was ist passiert? Wieso kommt denn der Zuwendungsgeber mit einem Mal auf den Gedanken, dass die Fördervoraussetzungen jetzt doch nicht mehr erfüllt werden? Dabei hat man doch nur den guten (und auch nicht ganz günstigen) Rat der Beratungsagentur befolgt und extra eine neue Gesellschaft für das Projekt in (sagen wir beispielsweise) Leipzig gegründet, wo ein neues, vom Land gefördertes IT-Cluster entstehen soll. Und nun reicht das nicht mehr? Man hätte nicht nur remote im Homeoffice arbeiten dürfen und tatsächlich sei man ein Berliner Unternehmen, dass in Leipzig keine Fördermittel bekommen könne? Hier prallen oftmals Welten aufeinander. Auf der einen Seite das klassische Fördergeschäft der Bundesländer und ihrer Investitionsbanken, auf der anderen Seite die neue Arbeitswelt 2.0. 

Förderprogramme und -richtlinien sind in ihren Einzelregelungen handwerklich oftmals auf die Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft oder des produzierenden Gewerbes ausgerichtet. Auf diese Weise sollen regionale Ansiedelungen von Dauerarbeitsplätzen zur Überwindung strukturschwacher Regionen geschaffen werden. Dieser althergebrachte Mechanismus stößt im Hinblick auf die modernen Formen des Arbeitslebens jedoch schnell an seine Grenzen. Welches neu gegründete IT-Start-up leistet sich heutzutage in den ersten Jahren überhaupt noch ein eigenes Büro, wenn Coworking-Flächen doch so viel passender sind? Den klassischen Büroarbeitsplatz mit persönlich eingesessenem Bürostuhl, angeschlossener Kantine und eigener Grünpflanze gibt es in vielen Bereichen schon lange nicht mehr. Die Mitarbeiter und Freelancer erwarten ja ohnehin, drei Viertel des Jahres vom Homeoffice aus arbeiten zu können. Und selbst der aktuelle Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung (zugegebenermaßen nicht das primäre Dokument, nach dem sich junge und kreative Start-ups bei der Organisation ihrer Arbeit richten) beinhaltet Pläne für dauerhafte Homeoffice-Regelungen auch post-Corona.

Zuschuss weg und dann?

Wie passt das dann überhaupt noch zusammen? Einerseits Unternehmen fördern, deren Mitarbeitende naturgemäß remote arbeiten und anderseits junge Unternehmen regional ansiedeln wollen, damit die geförderte Wertschöpfung in auserlesenen strukturschwachen Regionen erfolgen kann?

Zumindest das Förderrecht und die Zuwendungsregelungen müssen hier modernisiert werden. Auch Start-ups brauchen verlässliche und klare Regeln, damit sie entscheiden können, ob Fördermittel beantragt werden oder nicht. Natürlich sollte man nicht jedem noch so „kreativen'“ Fördermittelberater blind vertrauen. Förderregelungen müssen jedoch auf den ersten Blick so verständlich ausgestaltet sein, dass ein Unternehmer hier eine eigene (und zutreffende) Einschätzung vornehmen kann. Hieran fehlt es jedoch zu Zeit. Vielmehr häufen sich die Fälle, in denen es zu fragwürdigen Rückforderungskonstellationen kommt.

Insoweit bleibt nur zu hoffen, dass auch auf Seiten der Zuwendungsgeber diese Problematik zeitnah mit Augenmaß angegangen wird. Bekannterweise wurde bei den Corona-Beihilfen in den letzten Jahren auch viel Schindluder getrieben und die hehren Förderabsichten von Bund und Ländern von so manchem schamlos ausgenutzt. Die Zuwendungsgeber haben hieraus (zu Recht) auch viel gelernt. Dies heißt aber nicht, dass jedem Empfänger zukünftig gleich Subventionsbetrug unterstellt werden darf, nur weil althergebrachte Formulierungen und Mechanismen nicht mehr mit den Anforderungen in der tatsächlichen Arbeitswelt übereinstimmen. Ist hier keine konstruktive Lösung möglich, hilft notfalls nur noch der (eilige) Gang zum Verwaltungsgericht, denn glücklicherweise kann in Deutschland jede Rückforderungsentscheidung objektiv überprüft werden – auch wenn es letztlich um Zuwendungen, also geschenktes Geld geht. 

Die Autoren Benjamin Knorr und Christian Hipp sind Partner der Rechtsanwaltskanzlei ADVANT Beiten und beraten seit vielen Jahren den Startup-Verband sowie Start-ups und mittelständische Unternehmen in gesellschaftsrechtlichen und zuwendungsrechtlichen Fragen in jeder Verfahrenslage. Bei weiteren Fragen erreichst Du sie wie folgt:

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