Von Heinz-Paul Bonn, Vorsitzender des „Kuratoriums Digitales Deutschland“

 

600 Millionen Euro an Wagniskapital fehlen dieses Jahr in Deutschland. Diese Kapitallücke hat die mit Gründerkapital satzungsmäßig befasste KfW in Frankfurt ermittelt. Dabei bezieht sich diese Zahl lediglich auf den Kapitalbedarf in der frühen Wachstumsphase. Wenn der Business Plan trägt und die Growth-Phase nach zusätzlichem Kapital verlangt, ist es hingegen leichter, zusätzliche Geldmittel zu finden. Dann kommen allerdings auch zunehmend ausländische Wagniskapitalgesellschaften zum Zuge, die sich die Mehrheit am zu erwartenden Geschäftserfolg sichern wollen. Warum der Start einer Gründung immer häufiger von „Bang“ zu „Naja, muss ja“ wird, erklärt Heinz-Paul Bonn.

 

Tatsächlich fällt es Gründern hierzulande immer schwerer, ausreichende Mittel für die Frühphase des Startups zu gewinnen. Jeder zweite Gründer, das ermittelte die Beratungsgesellschaft PwC in einer groß angelegten Studie, hat Probleme, Kreditgeber von der Tragfähigkeit der eigenen Geschäftsidee zu überzeugen. Bei der überwiegenden Zahl der Startups sind es nicht die Venture Capitalists, die das Geld zuschießen, sondern klassische Banken. Denen fehlen offensichtlich immer noch die Phantasie und das nötige Fingerspitzengefühl, um in der risikoreichen Gründerszene das richtige Maß zu finden. „Die Nutzung von Wagniskapital, sowohl von Unternehmen als auch von Finanzinvestoren, liegt mit 14 Prozent auf einem niedrigen Niveau“, heißt es bei PwC.

 

Die Gründerstimmung in Deutschland trübt sich ein

Aber auch sonst trübt sich die Gründerstimmung in Deutschland immer weiter ein. Die PwC-Umfrage unter 1000 Managern von auf Wachstum ausgelegten Unternehmen, zeigt eine deutliche Euphorie-Delle: Wurde 2017 von 70 Prozent der Befragten Wachstum angepeilt – und zwar im Durchschnitt von rund zwölf Prozent –, erwarten nunmehr nur noch zwei Drittel der Befragten ein Wachstumsplus – allerdings im Durchschnitt von nur noch acht Prozent. Ausgebremst werden die Gründer hier auch durch die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, die richtigen Fachkräfte für den Firmenaufbau zu bekommen.

Nach einer Studie des Hightech-Verbands Bitkom fehlen in der gesamten IT-Branche inzwischen 55.000 Fachkräfte. Dabei tun sich international tätige Konzerne offensichtlich leichter, ihre offenen Stellen zu besetzen, als dies bei Gründern der Fall ist. Einerseits können die Global Player auch international Personal rekrutieren, andererseits sind sie aber auch in der Lage, die Gehaltsvorstellungen der Neuzugänge zu erfüllen. Die Mehrheit der Gründer beklagt denn auch, dass die Gehaltsvorstellungen auch von Universitätsabgängern inzwischen zu hoch seien. Deshalb rechnen nur noch 61 Prozent der Befragten damit, dass sie in diesem Jahr auch personell wachsen werden – um durchschnittlich acht Prozent. Im vergangenen Jahr lag das Personalwachstum noch bei 16 Prozent.

 

Mehr „Bang“ durch bessere Strukturen

Die Studien von Bitkom, KfW und PwC zeigen deutlich, dass die Gründerszene hierzulande vor allem unter Strukturproblemen leidet. Bei dieser Erkenntnis hilft kein Digitalrat – hier ist vielmehr die Überarbeitung der Gesetzgebung zu Wagnisfinanzierung und zur Zuwanderung gefragt. Beides zieht sich. Solange hier nichts geschieht, wird das Starten in Deutschland weiter erstarren.

Nichtsdestotrotz zeigen sich die Gründer alles in allem zufrieden mit dem Standort Deutschland. Die technische Infrastruktur in den Städten sei okay, gaben die Manager gegenüber der Beratungsgesellschaft PwC zu Protokoll. Nur auf dem Land hapert es an allem. Dafür sind inzwischen in den Städten die Büromieten explodiert. Einen Tod, so scheint es, muss man beim Starten also ohnehin sterben. Die Freiheit besteht offensichtlich nur darin, zwischen zwei Übeln wählen zu können.

 

 

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