Deutschland liebt den Begriff Wende: Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, Rohstoffwende oder auch die Bauwende. Die “Wenden” sind beliebte Formulierungen in der Politik und sollen positive Veränderungen erleichtern – oder zumindest den die Hoffnung darauf. Aber wann können wir mit der Wende in den Bereichen rechnen? Der vor kurzem 6. Bericht des IPCC hat gezeigt:  Es ist dringend nötig, Treibhausgase zu verringern, um die globale Erwärmung zu verlangsamen und Klimakatastrophen zu vermeiden. Startups sind Innovationsbringer und können maßgeblich im Kampf gegen den Klimawandel beitragen.

Tauchen wir diesmal tiefer in die Bauwende ein. Wir alle wollen und brauchen einen Schlafplatz, ein Heim, wo wir uns wohl fühlen. Wir werden auch in der Zukunft ein Bedürfnis nach den eigenen vier Wänden haben. Daher ist es umso wichtiger, die negativen Auswirkungen des Bauens auf die Umwelt zu vermindern. In dem letzten Jahr betrug der Anteil von nachhaltigen Startups in der Baubranche nur 25 % von allen Startups in der Baubranche. Bauen bringt langfristige negative Umweltfolgen mit sich und trägt zum Klimawandel nicht nur mit hohen CO2-Emissionen bei, sondern hat auch einen enormen Ressourcenverbrauch. Von 1990 bis 2020 sind die CO2-Emissionen im Gebäudesektor bereits um fast die Hälfte, von 210 Millionen t CO2 auf 120 Millionen t CO2 gesunken. Dies ist hauptsächlich energieeffizientere Neubauten und Sanierungen zu verdanken. Um aber die Ziele der 2030 Klimaagenda der Bundesregierung zu erreichen, müssen die Emission erneut halbiert werden. Wichtig ist dabei, dass energieeffizientes Sanieren nur ein Teil dazu beibringen kann, die Emissionen zu verringern. Ein größerer Teil der Emissionen entsteht während der Bauphase und kann auch auf die Ressourcenverwendung zurückgebracht werden. Die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag Gedanken dazu gemacht und möchte zukünftig beim Bauen “zu einer Kreislaufwirtschaft kommen”, d.h. der gesamte ökologische Fußabdruck innerhalb des Lebenszyklus eines Gebäudes soll berechnet werden. Um den gesamten Fußabdruck des Lebenszyklus zu verringern, haben deutsche Startups geniale Innovation entwickelt, die auf verschiedene Zyklusphasen abgepasst sind. Durch die unterschiedlichen Ideen ergänzen sich die Lösungsansätze der jungen Unternehmen und können in verschiedenen Bereichen der Bauindustrie zum Einsatz kommen. Dabei lösen sie nicht nur Klimaprobleme, sondern bieten auch die Chance Kosten zu sparen, denn die Preise für Baumaterial ist in den letzten Jahren immens gestiegen. Wie bereits bei den vorherigen Artikeln dieser Reihe zeigt sich auch hier wieder, wie wichtig Startups als Problemlöser und Beschleuniger der “Wenden” sind. 

Zement gehört zu einer der Baustoffe, bei denen es schwierig ist, nachhaltige Alternative mit ähnlichen Qualitäten zu finden. Dabei ist das Emissionseinspar-Potenzial groß, denn bei der Herstellung von Zement und Beton werden hohen Mengen an CO2 ausgestoßen. Das Startup Alcemy hat sich darauf spezialisiert, die Produktion von Zement und Beton zu optimieren und nutzt dazu eine KI-unterstütze Software, die relevante Qualitätsdaten zu Chemie, Mineralogie und Korngrößen angibt. Durch die Prozessoptimierung können CO2 Emission in der Baustoff-Herstellung eingespart werden. Bisher hat Alcemy bereits rund 60.000 t CO2 eingespart. 

Ein anderer Fokus hat das Startup Urban Beta, was nicht nur versucht viele nachhaltige Baustoffe zu verarbeiten, sondern vor allem auch die Probleme von sozialer Inklusion und vorschauendes Planen angehen möchte. Urban Beta’s Ansatz geht über das räumliche Planen hinaus und verbindet auch digitale Lösungen bei der Schaffung von neuen Wohn- und Gewerbeflächen. Das besonderen an dessen Produkten ist, dass die vorgefertigten Bauteile, meistens aus Holz, in verschiedenen Formen schnell und einfach zusammengebaut werden können und dadurch Spielraum lassen, welchen Nutzen das Gebäude haben soll und wo es aufgebaut werden kann. Aktuell gibt es einen BetaPort und BetaHood als Modell-Beispiele für mobiles, nachhaltiges und sozial-inklusives Wohnen von Urban Beta. 

Die zwei folgenden Startups haben sich vor allem mit Optimierungsprozessen für die Gebäudesanierung beschäftigt. So möchte ecoworks Emissionen im Gebäudesektor einsparen, indem es sich zu seinem Ziel gesetzt hat durch Innovationen Modernisierungskosten zu senken, um damit den Energieverbrauch und Fußabdruck in Gebäuden zu verringern. Um dies zu erreichen bietet ecoworks ein Rund-um-sorglos Paket für die serielle Sanierung von Gebäuden. Dies beinhaltet Analyse, Planung, Produktion und Ausführung des Sanierens, welches durch vorgefertigte Modulbauteile von ecoworks schneller umgesetzt werden kann. Die Bauteile zu den Sanierungen werden dabei in Fabriken vorab gefertigt, was die serielle Sanierung effizienter macht als im Vergleich zu traditionellen Sanierungen. 

Daten zur Gebäudeoptimierung stellt dazu das Startup Lumoview bereit, indem es anhand eines eigenen entwickelten Messtools sekundenschnelle Raumanalysen durchführt. Der Service von Lumoview kann dabei Bewertung von Gebäuden anhand von Daten zur u.a. Wärmedämmung abgeben, die für energieeffiziente Sanierungen helfen. Dem Co-Gründer Silvan war es wichtig, dass ihr Service “Eigentümer*innen hilft, ihre Gebäude besser zu verstehen. Durch eine schnelle, digitale und kostengünstige Gebäudeanalyse werden ein 3D-CAD-Modell oder Grundrisse erstellt und gezeigt, wo ein Gebäude Wärme verliert.” Das sei der erste Schritt für klimafreundliches Sanieren von bestehenden Gebäuden.

Um die Energiequelle von Gebäuden bzw. dem Wohnen selbst nachhaltig zu gestalten, hat sich das 2018 gegründete Startup Auxolar das Ziel gesetzt “regenerative Energien in Mehrfamilienhäusern und Gewerbegebäuden nutzbar zu machen”. Dafür bietet es ein Leistungspaket an, dass sich um die Implementierung von Photovoltaikanlagen kümmert und bietet eine eigene Software solargenius® an, um den Energieverbrauch und die Strom-Erzeugung durch die Solarzellen zu errechnen. Diese wird dem Eigentümer smart angezeigt und kann dadurch die Energieeffizienz steigern.  

Einen Schritt in die Kreislaufwirtschaft im Bausektor, macht das junge impact-orientierte Unternehmen der Stiftung Madaster. Madaster hat eine digitale Plattform erstellt, auf der Gebäude und die verbauten Ressourcen registriert sind, damit diese bei z.B. Umbauten wiederverwendet werden können. Geschäftsführer Patrick Bergmann betrachtet “die Erde als ein geschlossenes System, in dem es keinen Abfall geben sollte. Um Bauressourcen auf unbestimmte Zeit verfügbar zu machen, müssen sie daher registriert und dokumentiert werden, was die Grundlage für ihre Wiederverwendung und damit Kreislaufwirtschaft ist.” Madaster’s Motto ist “ Gebäude werden zu Rohstoffbanken”. 

Startups sind die treibende Wirtschaftskraft unserer Zukunft. Nicht nur die Startups selbst aber auch die Rolle der Förderer von Startups im deutschen Ökosystem wird immer wichtiger. Wir als Startup-Verband, geben nicht nur Startups in der Bauszene, sondern allgemein allen jungen Entrepreneuren und Gründer*innen eine starke Stimme gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Gemeinsam sind wir stärker – mehr Infos zur Mitgliedschaft findet ihr hier. Falls Ihr Euch für weitere Informationen und News aus der nachhaltigen Startup-Welt interessiert, folgt uns auf Linkedin, Instagram, Twitter und meldet Euch für unseren Newsletter an.