Klimakrise, Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine – viele Herausforderungen bestimmen unseren Alltag. Um diese und viele weitere zu lösen, braucht es neue Konzepte. Welches Potenzial hier Social Entrepreneurship hat, zeigt der grad erschienene 4. Deutsche Social Entrepreneurship Monitor (DSEM).
Die jährlich erscheinende Studie, fasst die wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten zum Social Entrepreneurship Ökosystem in Deutschland zusammen. Schon im vierten Jahr in Folge beweist der DSEM nun das riesige Lösungspotenzial von Social Enterprises. Auch die Politik hat dieses Potenzial inzwischen erkannt. Nachdem im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung bereits die Stärkung von Social Entrepreneurship und Sozialen Innovationen verankert wurde, haben die Regierungsparteien inzwischen zuständige Referate im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geschaffen. Doch wie genau können Social Enterprises helfen, die Herausforderungen zu lösen, denen wir als Gesellschaft gegenüberstehen? Hier sind fünf Learnings aus dem diesjährigen DSEM, die aufzeigen, warum Deutschland Social Entrepreneurship braucht – jetzt mehr denn je.
(1) Social Enterprises sind verantwortungsvoll:
Die Art, wie wir wirtschaften befindet sich im Umbruch. Die Klimakrise, aber auch Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten zwingen uns zur Frage nach unternehmerischer Verantwortung. Social Enterprises gehen hier mit gutem Beispiel voran. Der DSEM zeigt: In den unternehmerischen Kaufentscheidungen spielen bei den befragten Social Enterprises Soziale Aspekte bei 78,3 % und ökologische Aspekte bei 81,7 % eine große Rolle. Damit zeigen sie, dass verantwortliches Wirtschaften möglich ist.
(2) Social Enterprises sind weiblich:
Der Anteil an Gründerinnen in der deutschen Startup-Szene beweist, dass die deutsche Unternehmens- und Führungslandschaft noch immer weit von einer Gleichverteilung der Geschlechter entfernt ist. Laut Female Founders Monitor wurde nur jedes zehnte Startup in Deutschland von Gründerinnen aufgebaut und nur 20,1 % der Startups weisen eine geschlechtergemischte Zusammensetzung in Gründungs- und Führungsebene auf. Bei Social Enterprises sieht das anders aus: Mehr als drei Viertel der befragten Gründerteams sind weiblich oder mindestens geschlechtergemischt. Mehr als jedes fünfte DSEM- Social-Enterprise wurde sogar ausschließlich von Gründerinnen aufgebaut.
(3) Social Enterprises sind digital:
Eine der größten Herausforderungen der Politik ist es, unsere Gesellschaft für die digitale Zukunft fit zu machen. Social Enterprises bringen hier ein riesiges Know-how mit und liefern bereits jetzt digitale Angebote mit gesellschaftlichem Mehrwert. Für rund die Hälfte der DSEM-Social-Enterprises spielen digitale Technologien eine wichtige Rolle in ihrem Geschäfts- und Wirkungsmodell.
(4) Social Enterprises sind systemisch:
Neue Lösungen brauchen ganzheitliche Konzepte. Da passt es, dass ein Großteil der Social Entrepreneurs systemisch denken. So adressieren ganze 88,9 % der befragten DSEM-Social-Enterprises mit ihrem Geschäfts- und Wirkungsmodell gleich mehrere der Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Organisationen. Umweltbezogene Aspekte spielen dabei mit 55,4 % vor allem eine große Rolle. Aber auch über ihre Produkte und Dienstleistungen hinaus setzen sich Social Entrepreneurs für strukturelle Verbesserungen ein. Insgesamt engagieren sich 49 % speziell für die Änderung einer Gesetzgebung und/oder beeinflussen Politikgestaltung.
(5) Social Enterprises sind wirkungsorientiert:
Social Enterprises möchten mit ihrem Geschäftsmodell eine positive soziale oder ökologische Wirkung erzielen. Ihr unternehmerisches Handeln sehen sie dann als erfolgreich an, wenn eine positive Veränderung für die Begünstigten bewirkt wurde. Für Social Enterprises ist daher eine Wirkungsmessung und -analyse ein wichtiges Managementinstrument. Kein Wunder also, dass 95 % der befragten DSEM-Social-Enterprises bereits ihre gesellschaftliche Wirkung messen oder planen in Zukunft eine Wirkungsmessung durchzuführen.
Trotz des gesellschaftlichen Mehrwertes, die Social Enterprises bringen und trotz der Anerkennung durch die Politik fehlt es weiter an notwendigen Änderungen der politischen Rahmenbedingungen. So haben es Social-Enterprises im Moment sogar schwerer als konventionelle Unternehmen, die eine sozial-ökologische Wirkung nicht zum Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells machen. Als Top 3 Herausforderungen identifiziert der DSEM mangelnde Folgefinanzierung nach der Gründung, die Komplexität öffentlicher Finanzierungsmöglichkeiten sowie fehlende Startfinanzierung. Diese Herausforderungen führen zu Frust im Social Entrepreneurship Sektor. So fühlen sich ganze 80 % der befragten Organisationen von der Politik wenig bis gar nicht unterstützt.
In einer Zeit, die geprägt ist von neuen gesellschaftlichen Herausforderungen können wir uns nicht leisten, Lösungspotenziale weiter zu verspielen. Um Social-Enterprises die Möglichkeit zu geben, ihre Potenziale zu verwirklichen und zu vergrößern benötigt es mehr als Anerkennung. Die Politik muss darauf antworten. Mit einer ressortübergreifenden Strategie, einem Clusterprogramm für Soziale Innovationen sowie zielgruppenspezifischen Finanzierungsinstrumenten.
Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) ist angetreten, um Sozialunternehmen zu vernetzen, zu stärken und ihnen eine gemeinsame Stimme zu geben. Mit einem (stetig) wachsenden Netzwerk von aktuell über 750 Mitgliedern, verfolgt SEND das Ziel in einer Gesellschaft zu leben, in der alle Menschen vom Fortschritt profitieren. Jedes Jahr veröffentlicht SEND den Deutschen Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) mit allen Zahlen, Daten und Fakten zum Social Entrepreneurship Ökosystem in Deutschland. Dieser ist ein wichtiges Instrument für Gespräche mit Entscheidungsträger*innen.
Zur Webseite: https://www.send-ev.de/projekte-items/dsem/