Wie eine Lockerung der Kapitalanlagerestriktionen für institutionelle Anleger das deutsche Startup-Ökosystem beflügeln könnte

Die deutsche Startup-Landschaft wächst, das ist richtig. Jedoch kommt es bei Wachstum auch auf Geschwindigkeit und Beschleunigung an um im Wettbewerb bestehen zu können. Wenn deutsche Startups auf dem internationalen Markt bspw. mit jungen Unternehmen aus dem Silicon Valley konkurrieren wollen – dies ist bei 42% der deutschen Startups der Fall – müssen sie hohe Wachstumsraten über einen längeren Zeitraum hinweg aufweisen um entsprechend Marktanteile behalten bzw. dazugewinnen zu können. Ohne dieses schnelle Wachstum ist ein Wettbewerb auf Augenhöhe mit diesen internationalen Akteuren nur schwer zu realisieren.

Wachstumsfinanzierung ist in Deutschland noch zu oft nicht zu bekommen

Wachstum benötigt vor allem Kapital. Die Finanzierung ist eine der größten Herausforderungen, vor denen deutsche Startups stehen. Während mittlerweile ein gutes Angebot an Kapital in der Frühphase vorliegt, mangelt es deutschen Startups immer noch erheblich an Wachstumskapital. Gemeint ist die Finanzierung von erwachsenen Startup-Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell mindestens in Deutschland bereits erfolgreich bewiesen haben und nun international oder auch in andere Geschäftsbereiche expandieren möchten. Dabei handelt es sich um jene vorbörsliche Finanzierungsstufe, die darüber entscheidet, ob aus einem Startup ein großes mittelständisches Unternehmen oder sogar ein globaler Marktführer entsteht. Die fehlende Wachstumsfinanzierung ist gleichzeitig ein Hemmnis für die Frühphasenfinanzierung, kann im Zweifel sogar zum Scheitern einer Unternehmensgründung führen. Nach der gestiegenen Gründungsdynamik der letzten Jahre droht das deutsche Startup-Ökosystem erheblich ins Stocken zu geraten.

Die VC-Lücke beträgt 60 Milliarden Euro

Ein Grund dafür:  Der deutsche VC-Markt ist bei weitem noch nicht so groß und agil wie in der in den USA oder Israel. Laut dem EY Startup-Barometer flossen im ersten Halbjahr 2017 gut 2 Milliarden Euro Wagniskapital in deutsche Startups, davon allein 700 Millionen in zwei einzelne Deals. Das ist deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum, damals waren es lediglich 972 Millionen Euro. Verglichen mit den USA hinkt der deutsche VC-Markt weit hinterher. Die Wagniskapital-Lücke zu den USA beträgt 60 Milliarden Euro.

Geld wäre ja da, aber…

Diese Lücke werden wir nicht durch staatliche Förderung schließen können. Daher ist die wichtigste Frage nach wie vor die, wie man privates Investoren dazu bringen kann, in Start-ups zu investieren. Die Politik hat bisher versäumt, privates Wagniskapital zu mobilisieren. Dabei ist Deutschland ein vermögendes Land, besonders was das private Vermögen der Unternehmen und Haushalte angeht. Wieso schaffen wir es dann nicht, dass ein größerer Teil dieses Vermögen – welches derzeit ohnehin nach Anlagemöglichkeiten sucht – in das innovative deutsche Startups investiert werden?

1 Prozent für Zukunftsinvestitionen

Hier muss Politik ansetzen. Durch die smarte Anpassung von Kapitalanlagerestriktionen kann der Gesetzgeber mehr Wachstumskapital aus Deutschland zur Verfügung stellen, ohne Steuergelder zu bewegen. Wir müssen institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen für Investitionen in Startups öffnen. Dazu müssen die gesetzlichen Restriktionen, die solche Investitionen verhindern, entsprechend liberalisiert werden. Die einfache Forderung: Kapitalsammelstellen sollen 1% des Vermögens in Wagniskapital-Fonds, also Technologie und Startups investieren dürfen. Was in den USA schon lange erfolgreich praktiziert wird, gelangt über Vorreiter wie die Schweiz oder auch Dänemark langsam nach Europa. Lasst uns in Deutschland bei diesem Thema bitte nicht wieder late bloomer sein, sondern endlich mal early adopter. Wir müssen in Deutschland wieder eine zukunftsorientierte Investitionskultur entwickeln. Dazu gehört eben auch eine Portion Mut.

 

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Kategorien: Politik